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26.09.2022

Wiesinger / Königsberger-Ludwig : Ärzte im Bezirk Horn schmerzlich vermisst

Im Bezirk Horn fehlen Haus- und Fachärzte mit Kassenvertrag. „Dass mehr Ärzte benötigt werden, liegt daran, dass die Lebenserwartung steigt und damit der Anteil alter und kranker Menschen. Doch nicht nur für sie fehlen Ärzte, sondern auch für die kleinen und jüngeren PatientInnen“, erklärt SPÖ Bezirksvorsitzender und Vorsitzender des sozialdemokratischen GemeindevertreterInnenverbandes im Bezirk, LAbg. Josef Wiesinger, der einen Überblick über die ärztliche Versorgung im Bezirk Horn gibt, in dem knapp 30.790 Menschen leben. Jeweils 1.184 kommen auf eine/n AllgemeinmedizinerIn mit Kassenvertrag. Auf FachärztInnen mit Kassenvertrag kommen im Bereich Innere Medizin 10.263 BürgerInnen, in der Kinder- und Jugendheilkunde 3.951 Kinder und Jugendliche, in der Urologie 4.563 Männer über 60 Jahre, in der Gynäkologie 15.537 Frauen, in der Augenheilkunde und Optometrie 15.395 und bei Lungenerkrankungen 30.790 PatientInnen.


„In vielen Gemeinden gebe es gar keine AllgemeinmedizinerInnen mit Kassenvertrag mehr. Es ist offensichtlich: Ärzte werden im Bezirk Horn schmerzlich vermisst – das wollen wir ändern. Viele ÄrztInnen sind an ihrem Limit angekommen. Sie würden gerne neue PatientInnen aufnehmen, können aber nicht, weil es keine Kapazitäten mehr gibt“, weiß der SPÖ Bezirksvorsitzende LAbg. Josef Wiesinger: „Es zeigt sich, dass die Landarztgarantie der ÖVP wertlos ist.“ In vielen Gemeinden wurden die Planstellen zig-Mal erfolglos ausgeschrieben. Inzwischen seien die Gemeinden diejenigen, die sich nach Kräften dafür einsetzen, dass die hausärztliche Versorgung gesichert ist. Nicht die Zuständigen im Bund, Land NÖ und der österreichischen Gesundheitskassa sind diejenigen, die für Ersatz kämpfen, wenn jemand in Pension geht – es sind die BürgermeisterInnen, denen die medizinische Sicherheit ihrer BürgerInnen am Herzen liegt. Immer wieder hört man von BürgermeisterInnen, dass sie professionelle Scouts einsetzen müssen, die für viel Geld Interessenten für Landarztpraxen finden sollen. Den ‚Zuschlag‘ bekommt in den meisten Fällen jene Gemeinde, die auch für entsprechende Rahmenbedingungen sorgen kann – beispielsweise Investitionshilfen bei der Übernahme von Praxen. Die Verantwortung wurde damit den Gemeinden aufgebürdet.“ Aber es seien nicht nur die Gemeinden, sondern vor allem die Verantwortlichen des Landes NÖ, die vollmundig Garantien aussprächen, gefordert, erklärt Wiesinger: „Jetzt ist die Landeshauptfrau gefordert, ihre Versprechen endlich einzulösen!“


Rechenbeispiel 1 – Facharzt für Urologie:

-       Im Bezirk Horn gibt es einen Urologen. Wenn man nur die Männer über 60 Jahre heranzieht, so kommen auf einen Urologen 4563 Patienten über 60. Hätte dieser alle 365 Tage des Jahres geöffnet, müsste er täglich 13 Männer untersuchen. Rechnet man die Samstage, Sonn- und Feiertage weg und geht von Öffnungszeiten von Montag-Freitag aus, wären das etwa 18 Männer täglich. Und dabei reden wir noch nicht von jener Altersgruppe zwischen 45 und 60, für die ebenso die Empfehlung ausgesprochen ist einmal im Jahr zur Vorsorgeuntersuchung zu kommen.


Rechenbeispiel 2 – Augenheilkunde und Optometrie:

-       Im Bezirk Horn gibt es zwei AugenärztInnen mit Kassenvertrag. Auf diesen Facharzt mit Kassenvertrag kommen 15.395 Bürgerinnen. Hätten diese alle 365 Tage des Jahres geöffnet, müsste jeder täglich 42 Patientinnen behandeln. Rechnet man die Samstage, Sonn- und Feiertage weg und geht von Öffnungszeiten von Montag bis Freitag aus, wären das 62 Patientinnen täglich. Alternative: WahlärztInnen oder ausweichen in andere Bezirke. 

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EinwohnerInnen des Bezirks Horn (Quelle: www.noel.gv.at):

-       Gesamt: 30.790 (15.253 Männer; 15.537 Frauen)

-       Unter 15: 3.951 (2.054 m; 1.897 w)

-       15 – 60 Jahre: 16.863 (8.636 m; 8.227 w)

-       60 Jahre und älter: 9.976 (4.563 m; 5.413 w)


ÄrztInnen der wichtigsten Fachrichtungen im Bezirk Horn (Quelle: www.arztnoe.at):

-       Allgemeinmedizin: 26 mit Kassenvertrag; 12 ohne Kassenvertrag (+ 7 Vorsorge-ÄrztInnen)

-       Innere Medizin: 3 mit Kassenvertrag; 6 ohne Kassenvertrag (+5 Vorsorge-ÄrztInnen)

-       Augenheilkunde und Optometrie: 2 mit Kassenvertrag; 4 ohne Kassenvertrag

-       Radiologie: 4 mit Kassenvertrag, 1 ohne Kassenvertrag

-       Kinder- und Jugendheilkunde: 1 mit Kassenvertrag; 0 ohne Kassenvertrag

-       Frauenheilkunde und Geburtshilfe: 1 mit Kassenvertrag; 6 ohne Kassenvertrag

-       Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde: 1 mit Kassenvertrag, 0 ohne Kassenvertrag

-       Neurologie: 0 mit Kassenvertrag; 2 ohne Kassenvertrag

-       Lungenkrankheiten: 1 mit Kassenvertrag; 0 ohne Kassenvertrag

-       Haut- und Geschlechtskrankheiten: 1 mit Kassenvertrag; 0 ohne Kassenvertrag

-       Urologie: 1 mit Kassenvertrag; 1 ohne Kassenvertrag

 

Zwt.: Königsberger-Ludwig: Bisherige Maßnahmen gegen den Kassenärztemangel sind nicht ausreichend

„Der niedergelassene Gesundheitsbereich wird grundsätzlich zwischen Sozialversicherung und Ärztekammer geregelt. In quartalsweisen Stellenplangesprächen zwischen diesen beiden Institutionen wird die Besetzung der Kassenstellen festgelegt. Da es bei diesem Prozess nach dem Gesetz keine zugedachte Rolle für andere Akteure gibt, liegt es primär an den Krankenversicherungsträgern, attraktive Angebote zu schaffen und gemeinsam mit der Ärztekammer möglichst viele ÄrztInnen in das kassenärztliche System zu bringen“, stellte Königsberger-Ludwig klar.

 

„Leider können trotzdem immer wieder Stellen nicht besetzt werden, sodass die Politik mit Anreizsystemen oder Ersatzangeboten unterstützt. Zudem gibt es zwischenzeitlich eine Reihe von Vorschlägen, wie man dem Kassenärztemangel entgegenwirken kann“, merkte Königsberger-Ludwig an, die auch darauf verwies, dass die bisher durch die Mehrheitspartei im Land gesetzten Maßnahmen jedoch nicht ausreichen würden: „Was wir deshalb dringend benötigen, sind gesundheitspolitische Weichenstellungen, die ein leistungsstarkes, flächendeckendes und öffentliches Gesundheitswesen für die Zukunft garantieren und auf die wachsende Bevölkerungszahl, die kommende Pensionierungswelle und den fehlenden Ausbildungsschub die richtige Antwort geben.“

 

„Die SPÖ NÖ arbeitet an Lösungen, die sie – so wie das KinderPROgramm und das PflegePROgramm – mit allen politischen Fraktionen diskutieren wird, um das bestmögliche Angebot für die Menschen in diesem Land herauszuholen. Wir alle brauchen die Sicherheit, dass sowohl Vorsorge- und Routineuntersuchungen als auch die Akutversorgung gewährleistet sind! Dazu gehören etwa die Wiedereinführung des Gemeindearztes, die Verbesserung des Facharztangebots durch beispielsweise PVZ, Gruppenpraxen oder Anstellung von Ärztinnen und Ärzten in bestehenden Praxen und ein verändertes Aufnahmeverfahren an den Medizinunis. Aktuell werden vielfach jene ausgewählt, die sich nach dem Studium eher wissenschaftlich orientieren. Deshalb muss auf die soziale Kompetenz mehr Augenmerk im Verfahren gelegt werden“, sagte die sozialdemokratische Politikerin.

 

 „Die Lebensqualität in Niederösterreich steht im engen Zusammenhang mit der medizinischen Versorgung. Vor diesem Hintergrund muss neben den für die Besetzung der Kassenstellen gesetzlich vorgesehenen Einrichtungen auch die verantwortliche Politik im Bund und Land endlich ins Tun kommen und die notwendigen Reformen entsprechend auf den Weg bringen. Denn in Wahrheit ist es längst fünf nach zwölf“, erklären Wiesinger und Königsberger-Ludwig abschließend.


Landarztgarantie der ÖVP gescheitert